Fortsetzung Südamerikatour von Jonas mit einem Spiel in Bolivien und zwei in Uruguay

Fortsetzung
Südamerikatour 2013
Bolivien – Argentinien
Defensor Sporting – El Tanque Sisley
Nacional – Toluca


Nachdem wir also Hostelaffe Teddy in Iguazú zurückgelassen hatten, hieß es für Familie Stenger weiter gen Bolivien zu reisen. Dazu mussten wir zunächst von Iguazú aus nach Salta fahren was eine kurze 1500 km Fahrt über die Provinzhauptstadt Posadas bedeuten sollte. Alles kein Problem, nur wurde unser Bus in Posadas von der nationalen Verkehrsregulierungsbehörde für nicht fahrtauglich erklärt und wir sammelten 5 Stunden Verspätung, weil wir auf einen anderen Bus warten mussten. Aber sonst wieder mal eine super Fahrt. In Salta eine Nacht geschlafen und dann weiter nach La Quiaca an der Grenze zu Bolivien. Auf dem Weg dorthin durch atemberaubende Berglandschaften gefahren und am Ende auf 3500 Metern über dem Meer angekommen. Zitat meiner Eltern zu Stadt: „Uh, ist aber schon ganz schön schäbig hier!“ Die wussten ja noch nicht, was sie am nächsten Tag erwartet.

Nach kurzer Nacht um 4 Uhr morgens aufgestanden um gegen 5 Uhr an der Grenze zu sein, die um 6 Uhr auch ihre Pforten öffnet. Keine Sekunde zu früh konnten wir uns einen guten Platz in der Schlange sichern, welche bis zur Grenzöffnung auf mehrere 100 Meter anwuchs. Grenzprozedere ging „schnell“ und dauerte nur ca. 30 Minuten. Dann waren wir also in Bolivien, das abgefuckteste Land in das ich jemals meinen Fuß setzte, und jetzt bin ich schon zum zweiten Mal hier ich Depp.

Die Stadt auf bolivianischer Seite Villazón ist eine typische Grenzstadt. Dreckig, vermüllt, viele unfertige Häuser, Geldwechsler die dich abziehen (weil sie genau wissen, dass alle Geldautomaten in Stadt defekt sind) und viele Taxifahrer die „ganz tolle“ Fahrten nach Uyuni anbieten, unserem nächsten Ziel. Also mit einem Taxifahrer geredet, 80 Bolivianos (8€) nach Uyuni, Fahrzeit 5 Stunden. „Ihr fahrt 1 Stunde im Taxi und dann wartet ein Bus auf euch. Um 14.00 seid ihr dort!“ Ok, Herr Taxichef, wird gemacht. Das Taxi und die Straße ins nächste Kaff waren auch tatsächlich recht komfortabel und wir dachten schon, wir hätten den Jackpot gewonnen. Dort angekommen war dann aber Schluss mit Lustig. Wir fuhren von Tupíza aus mit einem wunderbar schäbigen Bus 200 km nach Uyuni und das über eine Geröllpiste (kein Sand oder Schotter, nein GERÖLL). Also Brutale 9 Stunden in diesem Bus verbracht. Highlight: ca. 35 km vor dem Ziel sind beim Bus die Blattfedern rausgesprungen. Der Fahrer hat kurzerhand seinen überdimensional großen Hammer herausgeholt, die Dinger rein geprügelt und dann alles fein säuberlich mit einem Fahrradschlau fixiert. Hat gehalten 😉 Insgesamt muss man vor diesem Mann bezüglich seiner fahrerischen Leistung sowieso einen riesen Respekt haben.

In Uyuni haben wir uns dann mit meiner Schwester getroffen und sind 3 Tage durch die größte Salzwüste der Erde getourt. Wahrlich beeindruckende Landschaften, aber ich war schwer von der Höhenkrankheit gezeichnet.

Danach ging es mit einer weiteren abenteuerlichen Fahrt weiter nach La Paz. Aufhalten konnte uns auch ein Bolivienweiter Streiktag nicht. Der Busfahrer hielt zwar 50 km vor La Paz an und wollte aus Angst nicht mehr weiterfahren aber irgendwie mussten wir ja in die Hauptstadt. Androhungen schwerer Gewalt zum Trotz organisierte ich irgendwie einen Taxifahrer der bereit war uns für 200 Bolivianos nach La Paz zu fahren. So ging es dann über einen geheimen Drogenschmugglerweg an weiteren Streikposten vorbei nach El Alto, der (extrem armen) Stadt auf dem Hochplateau über La Paz. Der Fahrer hatte sein Auto zu Schrott gefahren und so mussten wir mit einem regulären Taxi weiter. Egal, wir waren angekommen.

Für die nächsten Tage verabschiedete ich meine Eltern und Schwester an den Titicacasee-See und blieb selbst in La Paz um meine Hausarbeit zu schreiben. Zur Stadt: Schrecklich, aber immer noch die schönste im Altiplano, also auf der Hochebene.

Nachdem meine Eltern wieder da waren stand auch endlich wieder Fußball auf dem Programm: Bolivien sollte gegen Argentinien in der WM-Quali antreten.

Ein Freund meiner Schwester organisierte uns netterweise Karten, die er aber blöderweise erst 20 Minuten vor Anpfiff übergab, sodass wir keine Sekunde zu früh unsere Plätze einnahmen. Übrigens ist die Schüssel so eng bestuhlt, dass man die Knie wirklich und ohne Übertreibung unter den Achseln des Vordermannes verstauen muss. Richtig bequem war das nicht!

Das Stadion Hernando Siles ist auf einer Höhe von 3637 Metern und damit eines der höchstgelegenen der Erde. Die dünne Luft lässt hier oben jede Mannschaft, die nicht dran gewöhnt ist alt aussehen. So galt Argentinien zwar als Favorit, aber eine 5:1 Klatsche der bolivianischen Rumpelkicker wie im Quali-Spiel zuvor gegen Kolumbien war nicht zu erwarten. Die letzte Begegnung der beiden Mannschaften in La Paz ging übrigens 6:1 aus. Für Bolivien.

Zum Spiel ist nicht viel zu sagen: Die Bolivianer rannten wie die Bekloppten, die Argentinier nutzten jede Möglichkeit zum Pause machen, Spiel verzögern, Zeit schinden usw. Sauerstoffflaschen waren auf der argentinischen Auswechselbank immer vorhanden.

Die erste Halbzeit spielten die Bolis besser und gingen folgerichtig in Führung. In der zweiten HZ Argentinien dann stärker und somit fiel auch der Ausgleich. Kurz vor Schluss hatte der Herr Weltfußballer noch DIE Chance zum 2:1, vergab aber freistehend und der bolivianische Tim Wiese konnte parieren.

Auf den Rängen war nichts Besonderes geboten, typische Länderspiel-Atmosphäre. Die Bolivianer hatten einen sehr nervigen Wechselgesang über 3 Tribünen: Bo-Bo-Bo Li-Li-Li Via-Via-Via

Dieser wurde dann von meinem Vater kurzerhand eingedeutscht und wir konnten ein inbrünnstiges: Deu-Deu-Deu Tsch-Tsch-Tsch Land-Land-Land von uns geben (Vorsicht: Ironie). Auch die ca. 1500 anwesenden Argentinier waren so gut wie nie zu vernehmen, da keine Barra dabei war.

Somit ging das Spiel 1:1 unentschieden aus und wir trollten uns nach Hause. Beim Verlassen des Stadions merkte man erst, wie viele Leute und wie wenige Eingänge es hier gab. Ein Wunder für mich, dass es sich hierbei um ein von der FIFA zugelassenes Stadion handelt. Selbst für südamerikanische Verhältnisse schäbig.

Wenige Tage später durfte ich dann Bolivien auch wieder verlassen und fuhr mit einem zweitägigen Aufenthalt in Buenos Aires wieder nach Uruguay.

Dort gab ich meiner Hausarbeit noch den letzten Schliff und hatte danach sonntags nix zu tun. So habe ich kurz den Spielplan überprüft und es spielte Defensor Sporting aus dem Viertel Parque Rodó, meinem zukünftigen Heimatviertel, gegen El Tanque Sisley, auf Deutsch: Der Sisley Panzer. Warum auch immer…

Wie ich über die Homepage erfuhr wird Defensor dieses Jahr 100 Jahre alt und die Fans wollten heute ihre neue Blockfahne zum Jubiläum präsentieren, an der sie seit Juli 2012 arbeiteten. Also nix wie zum Stadion und eine Eintrittskarte für 150 UR$ für die Haupttribüne gekauft (ca. 6€). Danach dann das Stadion ohne Einlasskontrolle geentert und einen Sitzplatz auf der Tribüne gesucht.

Ein nettes, kleines Stadion mit unglaublich unbequemen Steinbänken auf der Haupttribüne. Diese füllte sich dann auch ganz gut, Gäste waren etwa 400 anwesend, nur die Heimkurve war spärlich besucht. So kam dann auch ein Kerl aus Fanszene vor dem Spiel auf die Haupttribüne und fragte, ob denn nicht jemand behilflich sein könnte, wenn die Fahne ausgepackt wird.

Diese wurde dann auch zum Einlaufen der Mannschaften gezeigt, d.h. die eine Hälfte der Zuschauer in der Kurve stand oben und hielt das Ding fest, die andere Hälfte zog es nach unten. Unter der 70m x 10m großen Fahne befand sich mangels Zuschauer niemand. Gleichzeitig zündete jemand hinter der Tribüne noch eine Feuerwerksbatterie, die aber aufgrund der Tageszeit unsichtbar blieb. Es krachte und pfiff aber ganz ordentlich.

Auf Seiten von El Tanque wurden Papierschnipsel und Kassenrollen durch die Luft geworfen, ehe man sich wieder für 90 Minuten geordnet und still auf seinen Arsch setzte.

Die Barra von Defensor versuchte die ersten 30 Minuten noch einige Lieder zu singen, aber es beteiligten sich nur ca. 30-40 Leute. Danach wurde der Support zunächst eingestellt.

Das Spiel verlief günstig für die Heimzuschauer. Nach 15 Minuten ging Defensor verdient in Führung, hätte diese noch ausbauen können, doch mal wieder gab es einen blinden Linienrichter der oft falsch auf Abseits entschied. In der zweiten HZ Defensor dann drückend überlegen, eine Gelb-Rote für El Tanque und folgerichtig fielen das 2:0 und das 3:0. Das 2:0 hatte ein Schlaufuchs in der Kurve erahnt und schoss kurz vor dem schönen Lupfer über den Torwart eine Böllersalve in die Luft, sodass es genau dann ohrenbetäubend knallte, als der Ball in die Maschen fiel. Nett.

Aufgrund des Spielverlaufs war die Barra von Defensor dann doch noch mal dazu gezwungen ein paar Liedchen zu singen, aber berauschend war das alles nicht.

Das Spiel plätscherte dann noch vor sich hin, ehe der Schiedsrichter abpfiff. Defensor hatte mit dem Sieg die Tabellenspitze von El Tanque übernommen, welche auf Platz zwei blieben.

Das Stadion leerte sich dann wieder extrem geordnet und ich konnte den Nachhauseweg antreten.

Donnerstags stand dann das Copa Libertadores Spiel von Nacional gegen Toluca aus Mexiko auf dem Programm. Nacional ist einer der beiden großen Vereine Uruguays, hat ca. 40 000 Mitglieder, hat 44 Meistertitel im Sack, 3 mal die Libertadores und 3 mal den Weltpokal. Für die nächste Runde war man schon so gut wie weiter, sodass man dem Spiel entspannt entgegen sehen konnte.

Halt nein, die Fans hatten sich für heute was Besonderes ausgedacht: Man wollte die größte Blockfahne der Welt präsentieren. Also holte ich mir eine Karte für die Gegentribüne (wollte eigentlich auf die Haupttribüne um die Fahne besser zu sehen, war aber ausverkauft) und machte mich auf zum Stadion. Nach kurzem Spaziergang (oder nach Teddys Definition: Gewaltmarsch) von 2 km war ich auch schon am Centenario und suchte mir einen Platz in der ersten Reihe. Schon krass das Teil. Da sitzt man in der ersten Reihe der Gegentribüne und ist schon ca. 50m weg vom Spielfeld, weil vornedran noch die alten Steinstühle von Anno dazumal stehen.

Das Stadion füllte sich gut, war aber nicht ganz ausverkauft. Auch ca. 30 Hansel aus Toluca waren anwesend (Anreise: 7500 km Luftlinie).

Kurz vor Anpfiff war es dann so weit und die Fahne wurde ausgerollt. Wirklich beeindruckend groß das Ding.

Der Spielverlauf auch dann ganz nach dem Geschmack der Heimfans, Nacional spielte Toluca an die Wand und gewann schließlich 4:0. Nach den Toren wurde es immer extrem laut im Stadion, aber eigentlich war ich ein bisschen enttäuscht. Dafür, dass man soeben die größte Fahne der Welt präsentierte und den Gegner wirklich überrollte hätte die Stimmung besser sein können.

Von Toluca war natürlich nix zu hören, nur zur 2. HZ nebelte man sich selbst mit rotem Rauch ganz ordentlich ein.

Dennoch war es natürlich ein ziemlich guter Stadionbesuch auf den hoffentlich noch einige hier folgen werden.

Jonas

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